Haushalt

REDE ZUM 2017ER HAUSHALT DER STADT TRAUNSTEIN

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen des Stadtrates,

Wir, die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen möchten uns zunächst ebenfalls bei unserem Kämmerer, Herrn Reinhold Dendorfer, Frau Koch und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die geduldige Beantwortung unserer zahlreichen Fragen bedanken. Der Haushaltsentwurf ist detailliert dargestellt und er ist gut verständlich. Vieles wurde bisher schon mehr oder weniger ausführlich von meinen Vorrednern dargestellt. Was bewegt uns, die grüne Stadtratsfraktion, an diesem Haushalt von 76,6 Millionen?

Hier nochmals in aller Deutlichkeit die Fakten: Die Stadt Traunstein wird 11,7 Millionen € Schulden aufnehmen und nur 1,7 Millionen tilgen. Netto 10 Millionen € Neuverschuldung. Anders ausgedrückt: Der Schuldenberg steigt in einem Jahr von 16,3 Mio. € auf 26,3 Mio., eine Steigerung von sage und schreibe 60%. Vor einem Jahr lag die offizielle Schätzung bei 20,4 Mio. €. Und das alles ohne Kosten für eine Landesgartenschau! Diese angespannte finanzielle Situation 2017 war letztes Jahr schon für alle Fraktionen abzusehen. Deshalb hatten wir letztes Jahr bereits eine Prioritätenliste für alle geplanten Projekte gefordert. Leider wurde unser Vorschlag nicht aufgegriffen. Viele Maßnahmen sind notwendig wie die Erweiterung unserer Schulen, um den gesetzlichen Vorgaben auf eine Ganztagsbetreuung entsprechen zu können. Gut wäre es gewesen, vorausschauender zu planen und die Projekte zu entzerren. „Prioritätenliste“, kann ich da nur sagen!

Natürlich hat bei einem Teil der beschlossenen Maßnahmen unsere Fraktion mitgestimmt, da diese im Einzelnen sinnvoll erschienen, die finanziellen Auswirkungen im Gesamten jetzt im Haushalt 2017 deutlich werden. Einige Auffälligkeiten will ich dennoch ansprechen:

Kommen wir zunächst zum Verwaltungshaushalt. Bei einigen Posten sind wir der Ansicht, dass das Geld falsch ausgegeben wird.

  • Verkehrsüberwachung: Wir geben seit Jahren 300.000 € pro Jahr aus und nehmen 7.000 € ein: ein krasses Missverhältnis. Hier muss beträchtlich eingespart werden. Das hier eingesparte Geld sollte für ein Jugendzentrum und Rücklagen verwendet werden.
  • Bisher waren wir aufgrund der Haushaltsunterlagen der letzten Jahre der Ansicht, dass der Betrieb der Parkhäuser hochrentabel ist. Die Aufwendungen steigen jedoch durch die erstmals angesetzten kalkulatorischen Kosten von ca. 600.000 € auf 1,5 Mio. € in 2017. Lässt man die Gewinnabführung von 500.000 € der Stadtwerke außer Acht, weisen unsere Parkhäuser ein deutlich negatives Ergebnis auf. Parkhäuser sind ein Draufzahlgeschäft, wenn man entsprechen der Kosten korrekt rechnet und wenn die Gebühren nicht erhöht werden. Zwar ist das eine gute Wirtschaftsförderung von Seiten der Stadt, aber die Frage ist doch, ob wir uns das in Zukunft noch leisten können? Unter diesen Vorzeichen sehen wir den Neubau eines weiteren Parkhauses sehr fraglich!
  • 164.000 Euro sind im VerwHH für den Christkindlmarkt eingestellt. Wir waren der Ansicht, dass dieser große Betrag eine einmalige Angelegenheit ist. Wir sehen nun: in den Folgejahren wird es ähnlich hohe Kosten geben. Der Christkindlmarkt ist ein beliebter Treffpunkt zum Ratschn, einen Glühwein zu trinken, Würstl zu essen und an den Ständen zu flanieren. Der Schnee verleiht ihm eine eigene Romantik. Um das zu ermöglichen, muss die Stadt nicht jedes Jahr so viel Geld in die Hand nehmen. Wir fordern eine radikale Kürzung! Das eingesparte Geld möchten wir gerne für das Kulturhaus Chiemgau ausgeben.
  • Somit kommen wir zum Punkt „Theater“ (3311): Das sind die Zuschüsse zum NUTS mit 65.000 € plus 20.000 € Zuschuss für das Kulturhaus Chiemgau. Wir meinen, man muss der Kultur eine Chance geben. Ganz klar: Voraussetzung ist ein schlüssiges Konzept in finanzieller und inhaltlicher Hinsicht. Private Initiativen in der Kultur sind zu fördern, denn sie bereichern Traunstein! Als Gegenfinanzierung schlagen wir vor, die viel zu hohen Ausgaben beim Christkindlmarkt entsprechend zu kürzen und 65.000 € einzustellen.
  • Wir möchten aber auch daran erinnern: Traunstein war und ist „Modellkommune Barrierefreie Stadt“. Wir wollen, dass in Richtung „Barrierefreie Stadt“ weitergeplant und weitergehandelt wird, wie es das Gesetz in vielen Fällen sowieso schon vorschreibt. Wir denken zum Beispiel an die speziell genoppten Pflastersteine für Sehbehinderte oder an Bordsteinabsenkungen für Rollstuhlfahrer, Bürger*innen mit Rollatoren und Kinderwägen.
  • Gut finden wir, dass für den Umweltschutz explizit 30.000 € eingestellt sind. Wir sind Mitglied im Klimabündnis. Wir dürfen nicht locker lassen, weiterhin Maßnahmen neben Wärmeschutz und Energieeinsparung gegen die Klimaerhitzung zu ergreifen.

Nun zum Vermögenshaushalt:

Kommen wir nun zu einem Hauptthema – die Klosterkirche. Ich stelle hier nochmals die Zahlen dar: Die Klosterkirche wird uns im Jahre 2017 nach Abzug der Zuschüsse 2,1 Millionen € kosten. Insgesamt sind über die Jahre Kosten von 9 Millionen Euro veranschlagt, wovon etwa die Hälfte als Zuschüsse wieder hereinkommt. Beim Thema Klosterkirche gibt es unterschiedliche Meinungen in der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Nun zu ISEK: Es war lobenswert, dass sich die Bürger_innen im Rahmen der Bürgerwerkstätten an der Weiterentwicklung unserer Stadt beteiligt haben. Schließlich wurden 3 Projekte als Hauptthemen definiert.

Dorfentwicklung Kammer: Die Bürger in Kammer haben sich über zwei Jahre lang mit dem Thema beschäftigt und sich vorbereitet. Durch intensive Mitarbeit haben sie es geschafft, dass „Kammer“ zu einem Hauptthema bei ISEK wurde. Deshalb fordern wir, dass bereits 2017 Geld für Investitionen eingestellt wird.

Entwicklung Bahnhofsgelände: Wir finden es gut, dass Herr Hörmann von der CIMA dieses Thema aktiv vorantreibt und ein konkreter Zeitplan verfolgt wird.

Fahrradfreundliche Stadt: ISEK machte deutlich, dass den Bürgern und Bürgerinnen eine fahrradfreundliche Stadt wichtig ist. Für die Planung ist Geld eingestellt. Wir werden diesen Prozess konstruktiv begleiten. Das Bürger*innen-Engagement braucht klare Signale, dass es ernst genommen wird!

Und schließlich erinnere ich an den zweiten gewonnenen Bürgerentscheid: Neubau eines Jugendzentrums auf dem Bahnhofsgelände. Ein gewonnener Bürgerentscheid ist gleichwertig einem Stadtratsbeschluss – auch wenn er nur für ein Jahr bindend ist. Für das Jugendzentrum wurde im Haushaltsentwurf keinerlei Geld eingestellt! Liebe Kolleginnen und Kollegen, einen Bürgerentscheid zu ignorieren, ist für uns nicht akzeptabel. Auch die grüne Fraktion weiß um die finanzielle Situation der Stadt. Deshalb schlagen wir vor: wie eingangs erwähnt, sollen Einsparungen bei der Verkehrsüberwachung zu Gunsten des Jugendzentrums verschoben werden. Es wäre schön, wenn alle Fraktionen den klaren politischen Willen für ein Jugendzentrum dadurch zu Ausdruck zu bringen. Wir jedenfalls halten daran fest!

Am Schluss möchte ich daran erinnern, dass die GRÜNE Fraktion schon letztes Jahr den Haushalt 2016 ablehnte. Die Schuldenentwicklung war absehbar, aber jetzt sind es für 2017 statt 4 Millionen 10 Millionen € durch weitere Projekte geworden. Und das ohne Landesgartenschau! Das war übrigens der Grund, warum wir das Ratsbegehren für einen Bürgerentscheid beantragt hatten. Eine Entwicklung der Schulden, die für 4 Jahre prognostiziert war, ist jetzt durch weitere beschlossene Projekte in einem Jahr eingetreten. Wir müssen alle Entscheidungen nochmals auf den Prüfstand stellen und unsere letztes Jahr geforderte Priorisierung durchführen, nach Einsparmöglichkeiten suchen.

Wenn Städte nach weiteren Einkommensquellen suchen, dann opfern sie gerne grüne Wiesen und Wälder für Gewerbegebiete: Traunstein hat das in den letzten Jahren auch zweimal gemacht – ohne Erfolg: Bei der Gewerbesteuer hat sich wenig getan, wie wir übrigens auch immer vorausgesagt hatten. Das waren Aktivitäten ohne Effizienz. Benötigen wir Erweiterungen für heimische Betriebe, die auch Gewerbesteuer zahlen, sind wir gesprächsbereit.

Die Traunsteiner lieben ihre Natur! Wir sehen also: Bei den Einnahmen signifikante Verbesserungen zu erzielen, ist schwierig, deshalb muss auf der Ausgabenseite gehaushaltet werden.

Wir fordern:

  • den Einstieg in erneute Haushaltsberatungen
  • eine Prioritätenliste muss eingeführt werden
  • nach Einsparmöglichkeiten muss intensiv gesucht werden
  • eine strikte Kontrolle der Kosten und detaillierte Information der Stadträte über die Schuldenentwicklung in unserer Stadt
  • jeder zu beschließenden Maßnahme muss der Schuldenstand gegenübergestellt werden

Diese Verschuldung ist die Folge von Mehrheitsentscheidungen des Stadtrates. Neue Aufgaben sind dazugekommen. Da ich den meisten Entscheidungen für Schulen, Feuerwehr, Breitbandausbau, Einheimischenmodell, geförderten Wohnungsbau und Klosterkirche (nach 5 Jahren Arbeitskreis) zugestimmt habe, werde ich dem Haushalt zustimmen. Das entbindet uns nicht, intensiv nach Einsparmöglichkeiten im Investitionsplan zu suchen. Meine drei Kollegen werden in Verantwortung hinsichtlich der Schuldenentwicklung gegen den Haushalts- und Investitionsplan stimmen.

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit!
Burgi Mörtl-Körner
Sprecherin der Stadtratsfraktion von B’90/Die Grünen

(22. Januar 2017)

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