Haushalt

Haushaltsrede 2020

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen des Stadtrates,

besondere Zeiten – besondere Herausforderungen.

Wer sich umhört – im Familienkreis, im Arbeitsumfeld, in den Medien – Corona greift in einer Weise in unseren gewohnten Alltag ein, der keinen unberührt lässt.

Unsere Wirtschaft erlebt, wie der Lockdown ihre finanziellen Möglichkeiten einschränkt bis hin zur Insolvenz. Das trifft auch die Kommunen hart. 

Wie schaut es bei uns in Traunstein aus?    

Blicken wir auf Traunsteins Steuereinnahmen:
Erfreulich, dass unsere Haupteinnahmequellen, der Einkommenssteueranteil (+8,2 %) und die Gewerbesteuer (+4,35 %), beide weiter deutlich ansteigen, was den gesunden Optimismus in der gegenwärtig wirtschaftlich schwierigen Lage zeigt.
Wir können nur hoffen, dass diese Annahmen trotz der Corona-Krise auch so eintreffen!

Unser Kämmerer hat bereits eingehend den Haushalt vorgestellt. Für die Erstellung des umfangreichen Zahlenwerks, die Vorberatung in der Haushaltsklausur sowie die geduldigen Erläuterungen gebührt der gesamten Kämmerei unser großer Dank – allem voran erwähne ich hier den Chef, Herrn Dendorfer, sowie seine Stellvertreterin, Frau Rommel (die die Hauptlast getragen haben).

Aus dem Haushaltsplan ist festzuhalten, dass die Zuführung aus dem Verwaltungshaushalt zum Vermögenshaushalt 2,7 Millionen beträgt. Zieht man die erforderliche Kredittilgung ab, bleiben 0,67 Millionen für Investitionen. Das ist zugegeben sehr wenig.
Um die Investitionen in diesem Jahr durchführen zu können, müssen wir eine Neuverschuldung von 8,2 Millionen eingehen. Alles notwendige Projekte: Schulen, Kindergarten, Kläranlage, Straßenbau und weitere Aufgaben mit kleinerem Budget. 

Die Gesamtverschuldung wird heuer und in den kommenden Jahren nochmals kräftig ansteigen. Das bereitet auch uns erhebliche Sorgen. Nicht alles, was wünschenswert ist, wird finanzierbar sein. Wir werden stark priorisieren müssen.

Wir sehen dabei drei wichtige Stellschrauben, an denen wir drehen müssen:

1) die Klimaerwärmung begrenzen

Wir haben bereits begonnen, die Weichen zu stellen: Es gibt einen Klimamanager. Ein Klimaschutzkonzept für Traunstein wird bis zur Jahresmitte erarbeitet. Die Umsetzung muss  schnellstens erfolgen. Jeder Euro, der hier investiert wird, zahlt sich mittel- und langfristig mehrfach aus. 

Es gibt zarte Signale, dass wir auch auf dem Weg zu einer fahrradfreundlichen Kommune vorankommen. Mit 100.000 Euro für Sofortmaßnahmen ist ein erstes Zeichen gesetzt. (Gehen wir es an.)

Bauprojekte erfordern eine ökologische Bauleitplanung. Seiboldsdorf muss als erstes Projekt ein Aushängeschild dafür werden. Nachhaltiges Bauen darf nicht nur ein Schlagwort bleiben, nachhaltiges Bauen muss Standard werden.

Unser Stadtförster hat über Jahrzehnte unsere Waldbestände in einen nachhaltigen und damit zukunftsfähigen Mischwald umgebaut. Für diese Waldbewirtschaftung hat die Stadt erst kürzlich mehr als 60.000 Euro erhalten. Jetzt möchte Traunstein im Norden den gegenteiligen Weg einschlagen. Dort sollen 50.000 Euro in Gutachten investiert werden, um den Wald für weitere Gewerbeflächen opfern zu können.

Wie wollen wir CO2-Neutralität erreichen? Mit der Ablehnung einer Freiflächen PV-Anlagewie kürzlich in Tinnerting sicher nicht. Wir werden darauf dringen, dass die Richtlinien für Freiflächen-PV-Anlagen so gefasst werden, dass auch in der Fläche PV-Anlagen gebaut werden können. Natürlich sind solche Anlagen auf bestehenden Dächern zu bevorzugen. Wir werden aber im Rahmen der Energiewende alle möglichen Erzeuger bei erneuerbarer Energie einsetzen müssen.
Ganz abgesehen davon: eine PV-Anlage wirft nach einigen Jahren Gewinne ab. Warum eigentlich verzichten wir auf diese mögliche Gewerbesteuereinnahme? 

Freude bereitet uns, dass unsere Forderung aus der letzten Stadtratsperiode nach einer PV-Anlage auf dem Rathaus 2021 Wirklichkeit wird – da geht noch mehr!

2) Digitalisierung vorantreiben

Corona hat uns allen die Schwächen unserer digitalen Infrastruktur offengelegt. Wir hatten im neuen Stadtrat ein Digitalreferat gefordert. Wir sehen derzeit, wie notwendig dies ist. In unseren Betrieben, Schulen, Haushalten ist Digitalisierung nicht mehr wegzudenken. 

Durch eine gute, digitale Infrastruktur werden sich in Traunstein weitere Start-up-Unternehmen ansiedeln. Der geplante Campus Chiemgau wird diesen Trend positiv verstärken. Die grünen Projekte hey-traunstein, digitale Bürgerbeteiligung, Digitalisierung des Parkraums sind sinnvoll für die Stadt und ihre Bürger*innen.

3) Bildung und sozialen Zusammenhalt stärken

Homeschooling oder auch „Schui dahoam“. Jeder kennt die Herausforderung. Wer nicht entsprechende Technik und Knowhow besitzt, stößt schnell an Grenzen. Fehlende Bildung – fehlende Lebenschancen in Beruf und Alltag. Mittlerweile hat die Stadt Leihgeräte für Schülerinnen und Schüler angeschafft. Damit sichern wir soziale Teilhabe.

Schulen sind Investitionen in die Zukunft. Wir hatten die Schulrenovierung in Kammer schon am Start. Die Suche nach einer Alternative hat uns eingebremst und fast ein halbes Jahr gekostet – Preissteigerung inbegriffen. Zugleich sind wir froh, dass es jetzt vorangeht und mit der Renovierung auch eine neue Turnhalle errichtet wird.

Ein Jugendzentrum fehlt leider immer noch in Traunstein. Lediglich Kosten für weitere Planungen sind eingestellt. Wir werden bei diesem Thema nicht lockerlassen! Wir fordern für unseren Nachwuchs immer noch ein Jugendzentrum, das diesen Namen auch verdient.


Noch zwei kritische Anmerkungen:

Im Haushalt 2021 sind gut 940.000 Euro für Beratung und Gutachten eingeplant.
Der Wert in diesem Jahr muss eine Ausnahme bleiben und künftig deutlich reduziert werden. Wenn Projekte nicht aus eigener Kraft gestemmt werden können, müssen sie geringer priorisiert oder gar in Frage gestellt werden.

Nicht einverstanden sind wir mit dem eingeplanten Verkauf der Salzmanninsel in 2023.
Wir sind der Meinung, dass innenstadtnahes, städtisches Eigentum bei der Stadt bleiben oder bestenfalls in Erbpacht genutzt werden soll. Grund und Boden sind nicht vermehrbar und gerade in Traunstein eine sehr knappe Ressource!

Aus diesem Grund und infolge der geplanten Schuldenentwicklung können wir dem Finanzplan nicht zustimmen.

Der Haushalt wurde im Stadtrat vorberaten, bietet insofern keine Überraschungen und der Großteil der in 2021 umzusetzenden Projekte ist bereits im Stadtrat beschlossen. Deshalb stimmt unsere Fraktion dem Haushaltsplan 2021 trotz des hohen Schuldenanstiegs zu.

Danke für die geschätzte Aufmerksamkeit!


Wilfried Schott
Fraktionssprecher
B90 / Die Grünen

Kommentar verfassen

Artikel kommentieren


* Pflichtfeld

Mit der Nutzung dieses Formulars erklären Sie sich mit der Speicherung und Verarbeitung Ihrer Daten durch diese Website einverstanden. Weiteres entnehmen Sie bitte der Datenschutzerklärung.

Verwandte Artikel